30 Jahre Tagesförderstätte in Ludwigshafen

Seit drei Jahrzehnten bietet das Kinderzentrum Ludwigshafen für Erwachsene mit schwerer oder mehrfacher Behinderung in der Tagesförderstätte die Chance auf Teilhabe am sozialen Leben außerhalb von Familie oder Wohnheim. Dies ist auch Anlass für einen kritischen Blick auf die Lage der Betroffenen in Deutschland.

Engagierte Mütter und Väter haben in einer Elterninitiative die Einrichtung einer ersten provi­sorischen Tagesförderstätte 1987 am Kinderzentrum erkämpft. Aus sechs Besucher*innen der Förderstätte sind heute 42 geworden, aus dem Provisorium mit einem Raum wurde das 1994 fertiggestellte Gebäude in der Mörikestraße 15, in dem Fachkräfte etwa aus der Päda­gogik und Heilerziehungspflege arbeiten.

Die Besucher*innen der Tagesförderstätte (TFS) können dort zwischen 8 und 15 Uhr in sechs Gruppen verschiedenen Beschäftigungen und Freizeitaktivitäten nachgehen, gemeinsam essen und individuell gefördert werden. Sie können außerdem mitbestimmen, was sie unternehmen oder essen möchten; über ihre Aktivitäten berichten sie in einem eigenen Instagram-Profil. Corinna Vogt (57 Jahre) besucht die Tagesförderstätte von Anfang an und sagt: „Ich war überrascht, dass ich schon so lange hier bin. In der Tagesförderstätte gibt es viele sympa­thische und freundliche Menschen. Das ist mir sehr wichtig“.

Nachfrage nach Plätzen in Tagesförderstätten wächst

Olivia Gerstner-Çelik, Leiterin der TFS am Kinderzentrum, unterstreicht anlässlich des 30-jährigen Jubiläums: „Wir freuen uns sehr, dass die Besucher*innen unserer TFS uns gute Noten ausstellen, und dass der Förderkreis uns so tatkräftig unterstützt. Wir blicken aber mit Sorge auf die pflegen­den Eltern, die keinen Platz in einer Tagesförderstätte oder im Notfall in der Kurzzeitpflege für ihr erwachsenes, behindertes Kind finden können. Wir erleben oft hautnah, wie Eltern ihre Belastungs­grenze überschreiten“.  Gemäß der Bundes­arbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozial­hilfe (BAGüS) werden in Deutsch­land über 36.000 Menschen in Tagesförderstätten betreut. In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Plätzen in einer TFS gewachsen.

Deshalb fordert etwa der Verein „Zukunft Wohnen für erwachsene Menschen mit Behinde­rung“  mehr Plätze in Wohnheimen und Tagesförderstätten. Ziel des Vereins ist „auf die immer noch recht unbekannte Tatsache aufmerksam zu machen, dass Kinder mit Behinde­rung nach Beendigung der Schulzeit oftmals keine Anschlussversorgung haben, keinen Wohnplatz in einer Wohngruppe und keinen Anspruch auf eine Tagesförderung.  So passiert es oft, dass junge Erwachsene mit einer Behinderung komplett zuhause von den Ange­hörigen gepflegt werden. Dieser eklatante Mangel an Wohngruppen und Tagesförderstätten für Erwachsene mit Behinderung gefährdet unsere Zukunft!“

Hintergrund

Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist ein Menschenrecht. Die Behinderten­rechtskonvention der Vereinten Nationen, die in Deutschland 2009 in Kraft trat, stellt dies klar und konkretisiert u. a. das Recht auf Teilhabe am sozialen und politischen Leben, an Bildung, Arbeit und Beschäftigung.

Die Eingliederungshilfe trägt die Leistungen zur Teilhabe an Arbeitsleben und Beschäftigung in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM)  und in Tagesförderstätten. In letzteren werden Menschen betreut, die ihre Schulpflicht erfüllt haben und die aufgrund ihrer Behinderungen nicht in WfbM beschäftigt werden können. Die Eingliederungshilfe ist eine Sozialleistung gemäß dem Sozialgesetzbuch, die Menschen mit Behinderung, eine individu­elle Lebensführung ermöglichen soll.

Weiterführende Information

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Doris Gabel M.A.
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